Wie viel Geld ist genug für ein Gemeindejubiläum?

Gemeinderatssitzung vom 23. Mai 2022

Mit dieser Frage durfte sich der Gemeinderat erneut beschäftigen, nachdem zwei Gemeinderäte eine Erhöhung des Budgets für das Gemeindejubiläum um 30.000 Euro (also eine überplanmäßige Ausgabe) beantragten. Dies kam sehr überraschend nur wenige Wochen nachdem der Haushalt für das Jahr 2022 mit veranschlagten 50.000 Euro verabschiedet worden war. Der im Haushalt eingestellte Betrag orientierte sich dabei an der Größenordnung der Ausgaben für das 25-jährige Gemeindejubiläum im Jahr 1998, selbstverständlich unter Berücksichtigung von Währungsanpassungen (Mark zu Euro) und Kaufkraftverlusten.

Die Argumentation der beiden Gemeinderäte, mehr Geld für das Gemeindejubiläum auszugeben, erstreckte sich jedenfalls im Wesentlichen auf die Feststellung, es sei offensichtlich, dass mehr Geld benötigt werde. Der Antrag fand die Unterstützung von Bürgermeister Weber, der diese Budgeterhöhung von 50.000 auf 80.000 Euro für geboten hielt, sie sei „in der Gesamtbetrachtung des Haushaltsvollzugs zum aktuellen Zeitpunkt darstellbar“. Umgangssprachlich und nur leicht überspitzt formuliert: wir mussten von Januar bis Mai noch nicht so viel Geld ausgeben, wie gedacht und wollen auf keinen Fall weniger ausgeben, als geplant. Diese Argumentation lässt leider außer Acht, dass das Kalenderjahr bis Dezember läuft und in sechs Monaten viel Unvorhergesehenes passieren kann.

Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg (GemO) ist das entscheidende gesetzliche Regelwerk für die Arbeit der Gemeinden und regelt in §84 solche sogenannten überplanmäßigen Ausgaben. Dabei handelt es sich im Kern um Ausgaben, die die im Haushalt angesetzten Beträge übersteigen, also über dem Planwert liegen. Die Gemeindeordnung unterscheidet dabei zwei Fallkonstellationen, in denen überplanmäßige Ausgaben eingegangen werden dürfen: zum einen muss ein dringendes Bedürfnis bestehen und es muss die Deckung gewährleistet sein; zum anderen muss die Ausgabe sachlich unabweisbar sein, d.h. ohne die Ausgabe entsteht ein Schaden für die Gemeinde.

Dass eine der beiden Fallkonstellationen ganz offensichtlich zutraf, ließ sich den Ausführungen für den Antrag nicht explizit entnehmen. Leider wurden auch keine Einsparpotentiale für diese Mehrausgaben an anderer Stelle vorgeschlagen. Um ein greifbares Beispiel zu nennen: jede Privatperson muss bei einem Motorschaden ihres Autos gewissenhaft prüfen, ob der geplante Kauf des neuen Fernsehers noch realistisch ist oder besser auf das Folgejahr verschoben werden sollte.

Dieses Grundprinzip menschlichen Wirtschaftens sollte auch für die Arbeit von Bürgermeister und Gemeinderat handlungsleitend sein, da sich der Euro eben nur einmal ausgeben lässt; umso mehr als es sich um das Geld der Steuerzahler und nicht um Spielgeld handelt. Aus diesem Grund sollten überplanmäßige (und ihr Geschwisterpaar: die außerplanmäßigen) Ausgaben nur im Ausnahmefall eingegangen werden und stets durch Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden.

Jedoch: die Mehrzahl der Gemeinderäte stimmte dem Antrag auf Budgeterhöhung zu, Einsparpotentiale wurden nicht benannt.

Autor: Thomas Salzmann

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