Gemeinderatssitzung vom 11. November 2024
Es war ein Paukenschlag, wie ihn Heroldstatt in den vergangenen fünf Jahren nicht erlebt hat. Der Gemeinderat hat mit der Neugestaltung der „historischen Ortsmitte“ Sontheim eines von Bürgermeister Webers Prestigeprojekten auf unbestimmte Zeit verschoben.
Noch vor einem knappen Jahr holte sich Bürgermeister Weber bei geplanten Gesamtkosten von 3,8 Millionen Euro und einem Eigenanteil von 1,8 Millionen Euro das OK seiner Gemeinderäte zur „Umsetzung der städtebaulichen Erneuerungsmaßnahmen im Sanierungsgebiet Ortsmitte Ennabeuren & Sontheim“ (siehe Gemeinderatssitzung vom 6. November 2023). Im Zuge dessen wurden im Ennabeurer Ortskern die einzigen historischen Gebäude abgerissen, das Luxusprojekt Backhaus/Café auf den Weg gebracht und wird für die Platzgestaltungen momentan alles auf- und umgegraben. Jetzt sollte Schlag auf Schlag auch der Sontheimer Ortskern tiefgreifend verändert werden, bei geplanten Gesamtkosten von fast 2 Millionen Euro und einem Eigenanteil der Gemeinde von 1,1 Millionen Euro. „Was kostet die Welt?“, mag sich so mancher Heroldstatter im Vorfeld der Sitzung – und nur halb im Spaß – gefragt haben. Zu Recht, schließlich gehört mit notwendigen Kanalsanierungen und dem barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen nur ein Bruchteil der Ausgaben in den gesetzlichen Pflichtbereich. Verkehrsberuhigte Zonen und überzogene Platzgestaltungen mit Pavillon und Wasserspiel sind freiwillig – und in Zeiten knapper Kassen purer Luxus.
Nach 2 ½-stündiger Beratung sah das auch eine Mehrheit des Gemeinderats so. Renate Blikles Antrag, lediglich die Pflichtaufgaben (Kanalsanierung, barrierefreie Bushaltestellten) umzusetzen und alles andere auf später zu verschieben, stimmten sie selbst und die Gemeinderäte Thomas Salzmann, Andreas Fülle, Alexandra Friedrich, Stephanie Anhorn und Jürgen Engler zu. Michael Keirat enthielt sich der Stimme. Lediglich die Gemeinderäte Dirk Süßmuth, Manfred Erb und Werner Knehr hielten Bürgermeister Weber noch die Stange.
Es war ein guter Montag-Abend für Heroldstatt. Rein finanziell spart sich die Gemeinde mit diesem Verzicht auf unnötigen Luxus knapp 716.000 Euro. Doch nicht nur das: es war auch ein guter Tag für Baden-Württemberg als Fördergeber. Schließlich sind Fördermittel nichts anderes als Steuergelder, die – nebenbei bemerkt – anteilig von Heroldstatter Bürger:innen bezahlt werden müssen. Nach dieser Rechnung liegt die Gesamtersparnis mit fast 1,5 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch.
So positiv dieses Abstimmungsergebnis war, bei Unser-Heroldstatt bleiben wir erfahrungsgemäß vorsichtig. Nach einer einzigen guten Abstimmung einen grundsätzlichen Sinneswandel im Gemeinderat zu erkennen, wäre leichtgläubig. Es wird noch ein langer Weg sein, Fehler der letzten fünf Jahre auszubügeln – und in den letzten Monaten leichtfertig verspieltes Vertrauen wiederherzustellen. Falls so mancher alte und neue Gemeinderat daran überhaupt ein Interesse hat.
Der nächste große Test wird die kommende Haushaltsberatung. Dann muss der Gemeinderat entscheiden, wie viel Geld in den nächsten Jahren wofür ausgegeben wird. Klar ist: ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Es wäre schlicht und ergreifend unverantwortlich, Heroldstatt noch weiter in die Verschuldung (siehe Gemeinderatssitzung vom 9. September 2024) und die finanzielle Abhängigkeit von einem Windkraftinvestor (siehe Gemeinderatssitzung vom 29. Januar 2024) zu führen.
Wir sind gespannt und halten Sie auf dem Laufenden.
Stichwort „Backhaus/Café“: am letzten Montag wurden Bauleistungen im Umfang von 19.500 Euro verabschiedet, wenig überraschend mehrheitlich. Dafür stimmten: Stephanie Anhorn, Jürgen Engler, Manfred Erb, Michael Keirat, Werner Knehr, Dirk Süßmuth und Bürgermeister Weber. Dagegen stimmten Thomas Salzmann, Andreas Fülle und Renate Blikle, bei der Enthaltung von Alexandra Friedrich.
Und auch für den aktuellen Anbau einer Gruppe an das Kinderhaus wurden weitere Bauleistungen in Höhe von rund 175.000 Euro einstimmig verabschiedet. Dies bei Befangenheit von GR Keirat, dessen Firma den Zuschlag für den Bau von „Außenanlage und Zaun“ in Höhe von 71.799 Euro bekam.
Zu guter Letzt wurde am vergangenen Montag der aktuelle Feuerwehrbedarfsplan einstimmig beschlossen. Fazit: unsere Freiwillige Feuerwehr und Jugendfeuerwehr sind sehr gut aufgestellt. Setzen wir als Gemeinde den aktuellen Wachstumskurs aber fort, so sollten wir in 5 bis 10 Jahren zusätzliche Räumlichkeiten ins Auge fassen. Ein Grund mehr, jetzt solide und sparsam zu wirtschaften, um für diesen Fall gerüstet zu sein. Unsere Feuerwehrleute sind jedenfalls hochgradig motiviert, im Notfall abrufbereit an jedem Tag, zu jeder Stunde, bei jedem Wetter. Dafür unser aller Dank und Anerkennung!
Autor: Thomas Salzmann